PHNOM PENH

Phnom Penh - KönigspalastIm ersten Block ist man schockiert,
im zweiten wird einem schwindelig.
Im dritten verliert man den Glauben.
Durch den letzten stolpert man nur noch benommen durch.

Geben wir Euch gleich die volle Ladung? Wohl besser, diesmal nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Licht und Dunkelheit liegen dicht beisammen. Also erst mal zum Licht. Wir mögen Kambodscha sehr. Haben wir bereits erwähnt. Aber es bestätigt sich auch in Phnom Penh. Alles ist entspannter, freundlicher. Man begegnet sich mehr auf Augenhöhe. Der Busfahrer heizt nicht, der Steward blöckt und schubst nicht. Der Tuktuk-Fahrer nervt nicht und soweiter und so fort. Sogar beim Bezahlen gibt man uns das Geld wieder, sollten wit uns verrechnet und zuviel hingelegt haben. Kann ja mal vorkommen bei den vielen Nullen. In Vietnam waren wir gar Millionäre. Wir bekommen viele Lächeln geschenkt. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Unsere erste Bestandsaufnahme ist also euphorisch. Lassen wir den Blick einmal über dieses gebeutelte Volk gleiten und tragen einige Beobachtungen zusammen. Die kambodschanischen Frauen, heisst es, sind sehr sittsam. Man sieht sie nur mit Klamotten im Meer baden. Selbst wenn es die Jeans ist. Dann sei es so. Sittsamkeit können wir leider nicht in der Pärchenwahl erkennen. Südostasien. Kennt man ja nicht anders. Aber hier ist es schon auffällig. Die alten Herren aus dem Oxident mit ihren einheimischen Gespielinnen. Muss wohl Liebe sein. Oder sowas in der Art.
Phnom Penh - Dörti mit Ihrer Frühstückslektüre :-)Phnom Penh - Frisör mal anders...Phnom Penh - StraßenalltagPhnom Penh Phnom Penh - KönigspalastPhnom Penh Phnom Penh - volle Straßen...Phnom Penh - 7 Stunden durch die Stadt gelatscht... gezeichnet :-)Phnom Penh - Straßenkinder überall

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Müll. Die alte Leier. Auch hier wird scheinbar blind über die Schulter geworfen. Das Meer schwemmt den übrigen Zivilisationsrotz an. Würde uns nich wundern, wenn auch irgendwas von der Ostsee dabei ist. Während unserer Busfahrt nach Phnom Penh konnten wir beobachten, dass meistens ein Graben die Strasse von der Häuserzeile trennt. Im dem schwimmt Brühe. Und Müll. Heiki erinnerte es an den kleinen Lord. Das ist wol unserer geliebten Frau Mama zu verdanken. Dörti musste erst schmunzeln. Aber so unrecht hat sie gar nicht. Im Mittelalter wurde nicht anders entsorgt. In der Stadt sieht es etwas besser aus. Dort scheint man über Nacht einzusammeln. Diesen Luxus kann sich die Peripherie nicht leisten. Unten an der Küste haben wir kaum einen alten Menschen gesehen. Das sieht jetzt hier in Phnom Penh anders aus. Hätte uns aber nicht gewundert. Immerhin dezimierte sich die Zahl der Menschen hier einst um 25 %!!!!!! Jeder vierte!!! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Uups. Haben wir uns also doch schon dem Thema genähert. Muss aber noch einige Zeilen warten. Reisfelder haben wir wenige gesehen. Und auch die dazugehörigen Hüte sucht man hier vergeblich. Praktisch wär’n sie schon. Es ist schweineheiß. Aber man scheint sich vom Nachbar Vietnam abzuheben. Die mögen sich, glauben wir, nicht besonders. Zurück zu dem Lächeln… Kambodscha ist eines der ärmsten Länder der Welt. Was das mit dem Lächeln zu tun hat? Imerhin muss es hart sein, die Mundwinkel in der oberen Hälfte zu halten. In einer Umfrage von annodazumal, wo denn nun die freundlichsten Menschen leben, landete Kambodscha einst auf Platz eins. Wir lassen das so stehen. Wollen es auch glauben. 40% der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Am härtesten trifft es die Kinder Kambodschas. Schon bei ihrer Geburt sind sie gefährdet – Kambodscha hat eine hohe Kindersterblichkeitsrate. Mögliche andere Feinde sind Durchfallerkrankungen, Malaria, Dengue-Fieber, HIV, Mangelernährung, Kinderprostitution und -handel. Wir könnten sie auch aufessen, wenn auch nicht aus perfiden Gründen. Sie sind goldig. Umso mehr schmerzt es, die vielen obdachlosen Familien mit ihren Kindern zu sehen. Die vielen Kids, die betteln. Schund verkaufen, anstatt die Schule zu besuchen. Unser Geberfass jedoch ist spätestens am Mittag voll. Es sind nämlich nicht nur die Kinder. Da wären noch die Alten, die Behinderten, die Krüppel. Also entledigt Dörti sich ihrer Klamotten. Raus mit dem ollen Kram. Eine bessere Investionsgelegenheit hat die Welt noch nciht gesehen. Hier in Phnom Penh sehen wir übrigens auch die ersten signalorangen Mönchskutten, während wir zwei Tage zu Fuss durch die Stadt traben. Es sind viele, genauso wie die unzähligen Pagoden und Tempel. Tja. Soviel zu unseren ersten Eindrücken. Die Kambodschaner haben sich mühelos unsere Sympathie erobert. Unser Mitleid dahingegen alles andere als mühelos. Nicht im entferntesten.
Phnom Penh Phnom Penh Phnom Penh Phnom Penh - NationalmuseumPhnom Penh - KönigspalastPhnom Penh Phnom Penh - KönigspalastPhnom Penh - KönigspalastPhnom Penh Phnom Penh Phnom Penh Phnom Penh

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gibt es Worte? Die kühnsten Wortakrobaten haben sich an diesem Thema versucht. Das Grauen kennt keine Buchstaben. Wir sind erschüttert und werden diese Bilder nicht los, die wir im S21 schlucken mussten. Pol Pots Foltergefängnis. Auch genannt Tuol Sleng Genozid Museum. Genozid. Ein einfaches Wort, dessen Ausmaß wohl kaum jemand begreifen kann. Außer die, die es überlebt haben. In diesem Fall waren es sieben! Insgesamt hat Pol Pots Demokratisches Kambodscha 3 von 5 Millionen Menschen ausgemerzt. Und das ist nur ein Akt von vielen des neuzeitlichen Menschentheaters. Wie oft denkt man noch an all die Massenmorde dieser Welt? An die Armenier? Das Gemetzel der Hutus an den Tutsies? Der Kolonialherren in Afrika und Südamerika? Hitlers Wahnsinn? Tibet? Sudan? Syrien? Wie kann man da noch an eine übergeordnete Macht glauben, die die Geschicke dieser Erde leitet? Gott ist unmodern, konstatierte schon Wolfang Borchard. Hier in Kambodscha war er schon tot.
Phnom Penh - S21
S 21. Die Ironie: Das Gefängnis war einst eine Schule. Die absolute Unschuld wurde durch das absolute Grauen ersetzt. Wir sehen Bilder von Häftlingen, denen man die Beine zerteilte. Den Kiefer spaltete. Die Nägel ausriss. Die Haut vom Gesicht schälte. Blutlachen unter den metallenen Betten. Alles akribisch dokumentiert. Ein Block ist voller Profilbilder der Insassen. Man stolpert von Raum zu Raum und tausende Gesichter stürzen auf einen ein. Agonie. Dann taumelt man weiter und begutachtet die Zellen. Man kann die Blutflecken noch gut erkennen. Was heisst gut. Man sieht sowieso nix mehr. Die Augen sind voller Tränen und eigentlich will man nur noch rausrennen und Luft holen. So geht das weiter. Block für Block. Bis sich der Horror im Videoraum in einem Schluchzen entleert.
Wir denken an das Schild am Eingang, das in Bildschrift darauf hinweist, dass an dieem Ort nicht gelacht werden sollte. Wer denkt da ans lachen? Überall benommene Gesichter.
Phnom Penh S21Phnom Penh - S21 RegelnPhnom Penh - S21 schreckliche BilderPhnom Penh - S21 kaum zu ertragenPhnom Penh - S21Phnom Penh - S21 ProfilbilderPhnom Penh S21 ohne WortePhnom Penh - S21Phnom Penh - S21 Zellen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch auf einem der insgesamt 300 Killing Fields, das wir tagsdarauf besuchen. Hierher transportierte man die Insassen von S21 zur heimlichen Exekution. Munition sollte nicht verschwendet werden, also wurde sämtliches anderes Werkzeug benutzt, um sie totzuschlagen und in einer Grube zu versenken. Die Zuckerpalme eignete sich dank der spitzen Rinde hervorragend zum Kehle aufschlitzen. An einen anderen Baum wurden die Kleinkinder geschleudert, bis sie zu atmen aufhörten. Wollt ihr noch mehr? The evil of human nature, das ist unser Abschlusssatz. Nun entschuldigt uns bitte. Wir müssen uns übergeben. Vermutlich die angemessenste Reaktion auf das Gesehene…

Phnom Penh - S21 Blut auf den BödenPhnom Penh - S21Phnom Penh - Killing Fields

 

 

 

Phnom Penh - Killing FieldsPhnom Penh - Killing FieldsPhnom Penh - Killing Fields Knochenfunde

 

 

 

 

Phnom Penh - Killing FieldsPhnom Penh - Killing FieldsPhnom Penh - Killing Fields Zuckerpalme

 

 

 

 

PS: Die ganze Chose fand übrigens zwischen 75 und 79 statt. Unsere Geburtsjahre. Innerhalb von 3! Tagen ließen Pol Pot und seine Schergen die Städte entvölkern. Das demokratische!!!! Kambodscha sollte ein reiner Arbeiterstaat werden. Auf den Feldern sind auch die meisten gestorben. Überarbeitet und unterernährt. Pol Pot studierte übrigens in Frankreich, wo er sich ganz offensichtlich eine Überdosis kommunistischer Ideale einfing. In Kambodscha arbeitete er als Lehrer. Genau diese sollten später nicht mehr zu seiner Gesellschaft gehören. Intellektuelle, Lehrer, Ärzte, Mediziner wurden abtransportiert. Es reichte, eine Brille zu tragen oder eine Fremdsprache zu sprechen. Sie alle mussten weg. Ganz übel wird es, wenn man sich die Folgejahre anschaut. Nach der Vertreibung der roten Khmer durch die vietnamesichen Truppen agierte die Kaderclique fleißig weiter. Wurde gar immer noch als legitime Herrscher von einem Großteil der westlichen Welt, darunter Australien, USA, Dtl., Frankreich und England, anerkannt. Pol Pot lebte für die nächsten 20 Jahre fleißig ein schönes Leben. Mit über 80 wurde er vergiftet. Schmorre er in der Hölle.

2 Gedanken zu „PHNOM PENH

  1. Oh unfassbar Mädels. Und keiner hat gewusst .
    Zumindest solche ganz normalen mit sich selber beschäftigten Leute wie wir selbst.

    Von Vietnam wusste man mehr.
    Glaube ich zumindest.

    Ich hoffe jetzt fangt ihr wieder die schönen Dinge des wunderbaren Landes an zu genießen.

    Viel Spaß euch.

    Was ist eigentlich mit Matze los. Er schreibt gar nicht mehr.

    Lg

    • Ja das hoffen wir auch 🙂
      Jetzt sind wir erstmal in Siam Reap und morgen geht es nach Angkor Wat. Das wird bestimmt einmalig.
      Keine Ahnung was mit Matze los ist. Wir haben neulich auch schon darüber gesprochen das er nicht mehr schreibt.
      Matze wird schon seine Gründe haben. Wir haben Dich lieb. Küsschen

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