BATTAMBANG

Battambang

Diese Stadt scheint schon bessere Tage gesehen zu haben. Nicht mehr viele Touristen entscheiden sich, auf ihrem obligatorischen Weg nach Angkor Wat in Battambang einen Zwischenstop einzulegen. Für den Tourismus wird es immer schwerer, meint auch Tratra, der uns am Busbahnhof mit seinem Tuktuk aufgerissen hat. Tratra schlägt ein wie eine Bombe. Selbst jetzt beim Schreiben, abwesenderweise, freuen wir uns, dass unsere Reise ihn vor unsere Füsse warf. Aber dazu später. Battambang also. Die Vergänglichkeit sieht man den meisten Etablisements auch an. Selbst die, die es in den Lonely Planet schafften, zerbröseln in der Demse der Trockenzeit. Auch die River-Front-Fassaden, einst stolze Zeugen der französischen Baukunst, sind von Jahrzehnten mürbe gemacht. Unser Hotel, zwar etwas außerhalb, dahingegen ist Sahne. Zwar nicht erste, aber immerhin. Sogar ein Page bringt das Gepäck aufs Zimmer. Endlich auch wieder mal ein Fenster. Sogar mit Balkon. Rauchen leicht gemacht.
Battambang Battambang - Bamboo TrainBattambang Bamboo TrainBattambang - Dörti will alles wissen...Battambang - FishingvillageBattambang

 

 

 

 

 

 

 

 

Tratra. Einer dieser Menschen, die in einem das dringende Bedürfnis wecken, ihnen in die Wangen zu kneifeln. Knuddeln trifft es auch. Niedlich. Aber das ist wohl nicht der angemessenste Begriff für einen 25-Jährigen. Dem man nichts Böses unterstellt und jeder finstere Abgrund total abwegig erscheint. In Minuten hat er unser Sympathiezentrum infiltriert. Vollkommen mühelos. Was für ein Lächeln. Tratra. Ihn machen wir gleich klar für den Folgetag. Will meinen, eigentlich macht er uns klar. Ein Ausflug war gar nicht in unserem Planungsplenum beschlossen worden. Wir wollten hier nur in den Zirkus, Battambangs Attraktion Nummer 1. Tja. In Millisekunden hatte er Dörti uf seiner Seite. Heiki musste erst noch ein bisschen schachern. Kann sie gut. Sie ist die Meisterin des Handelns und hat uns schon jede Menge Kohle gespart. Vielleicht buchen wir ihn auch, weil wir denken, damit wenigstens einen Stern am kambodschanischen Kriesenfirmament zum Leuchten zu bringen. Samariter Sisters der C-Liga. A-Liga solls mal werden, wenn wir gross sind. Außerdem ist die Rechnung einfach: 30 Dollar für uns, ein wenn auch klitzekleines Vermögen für Tratra. Er ist auch, müssen wir zugeben, unser Praxistest. Das Tor zum hiesigen Leben. Kambodscha zum Anfassen, sozusagen. Dörti will aaaaalles wissen. Und kriegt den klassischen Lebenslauf.
BattambangBattambang - Fledermäuse mitten im Village und nicht in der HöhleBattambang - Unser TuktukBattambang - 362 Stufen und das bei 35 Grad :-(Battambang - einer der vielen TempelBattambang Battambang - das wahre LebenBattambang - Phnom BananBattambang - Tratra lernt auch gerade Gitarre spielen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Erinnert euch an den letzten Beitrag und die Zustandsbeschreibung Kambodschas. Aus dem Munde von Tratra werden die Worte zu Menschen. Kind armer Eltern, die ihn erst mit 9 und auch nur dank einer italienischen Hilfsorganisation zur Schule schicken konnten. Seine Schwester starb noch im Säuglingsalter an Denguefieber. Seine Eltern bald an Aids. Ein Onkel liess ihn bei sich wohnen. Soweit, sogut. Die Geschichte könnte enden wie die seines Bruders, der für 60 Dollar im Monat in Phnom Penh in einer Fabrik schuftet. Tratra aber irgendwie wollte mehr. Ein besseres Leben. Früh fing er an, auf dem Bau zu schuften, um die Kohle für die Uni zu sparen. Die kann er nur am Wochenende besuchen. Werktags muss er arbeiten. Das erste Semester schloss er als Neuntbester ab. Dann lieh er sich das Tuktuk. Bauarbeiter bei 40 Grad im Schatten macht den Kopp zu Brei. Rechnen wir eins und eins mal zusammen. Waise. 400 Dollar Studiengebühren im Jahr. Das sind 33 im Monat. Das Tuktuk kostet ihn 50. Ohne Reparaturen und Benzin. Eine einfache Fahrt kostet zwischen 2 bis 3 Dollar. Von den Tagestouren, die 30 kosten, wird er aufgrund Touristenschwund und der Tatsache, dass es unendlich viele Tuktukfahrer gibt, nicht allzu viele machen können. Wohnen tut er unterm Haus von seinem Onkel. Lange Rede… Ihr seht, worauf wir hinauswollen. Also sofort die Augen schließen und sich freuen, dass wir Kind dieser Eltern sind. Tratra dahingegen ist einer von vielen, die eigentlich chancenlos geboren wurden. Sich jedoch trotzdem mit Hartnäckigkeit und einer umwerfenden Liebenswürdigkeit durch den Alltagsschlamm wühlt. Mal wieder schütteln wir mit dem Kopf… 400 Dollar. Was ist das schon für die Meisten von uns? Eine Superfancy-Nespresso-Kaffeemaschine. Zwei Paar Schuhe. Ein Wochenende im Hotel. Hand aufs Herz. 400 Dollar. Selbst die Hälfte würde in seinem Leben einiges ändern. Wir würden ihn am liebsten mitnehmen. Der Abschied fällt schwer. Natürlich kriegt er letztenendes die volle Summe. Scheiss aufs Handeln. Und ein Mittagsessen. Und Dörtis abgelesenes Buch. Der Meister und Margarita in Kambodscha. Witzig. Tratra freut sich wie ein Schneekönig. Dieses Lächeln ist herzerwärmend. Wieder eine Seele mehr, die noch lange in unseren Gedanken rumgeistert.

Battambang von obenBattambang - Kambodscha HausBattambang - Phnom SampeauBattambang - Killing CavesBattambang Battambang - MakakenBattambang

 

 

 

 

 

 

 

 

Apropos Schneekönig. Staub wird hier kambodschanischer Schnee genannt. Von dem schlucken wir ne Menge auf unserer Tagestour durch das Umland von Battambang. Wir cruisen durch die Trockenzeit dieser Provinz und schauen uns das Dorfleben an. Sehen das vormals beliebte Transportmittel, den Bambuszug, der heute nur noch Touristen rumkutschiert. Lernen, dass Fledermäuse nicht nur in Höhlen leben. Sehen eine Höhle, die als Exekutionsplatz den roten Khmer diente (hier mussten sie eigentlich nur noch schubsen). Und jede Menge Affen und Tempel. Wir sind quasi tempelisiert. Und Angkor Wat steht uns erst noch bevor….Bei 40 Grad im Schatten keine einfache Sache. Aber was tut man nicht alles für die Kultur. Stichwort Kultur. Unser Hotelzimmer lockt mit einem Flachbildschirm. Den stellen wir jetzt an. Mal ganz kultiviert kulturlos Fernsehen schauen. Uaaaahhhh.
Battambang - Schwager wie man sehen kann :-)Battambang - sieht aus wie Mister Spok :-)Battambang Battambang - Phnom SampeauBattambang - Phnom SampeauBattambang - Phnom Sampeau

3 Gedanken zu „BATTAMBANG

  1. Schön Mädchen. Ist ja klar. Ihr habt wieder ein gutes Herz. Schaut euch in Dl um. Fast jeder jammert. Und dann seht ihr die anderen Extreme.
    Viele liebe Grüße und nicht mehr ganz so viele Tempel und ne Klimaanlage. Helieb

  2. Da sind wir mal wieder. Geben eurer mutti recht, man weiß viel zu wenig über diese länder! Das macht ihr richtig, immer mit einheimischen loszuziehen. Mit der normalen tourismusbranche hättet ihr bestimmt vieles nicht gesehen. Jedenfalls lernen wir durch eure berichte einiges. Bleibt gesund. Lg

  3. Hallo ihr beiden Weltenbummlerinnen 🙂
    Melde mich auch mal wieder !
    Habt ihr gestern auch dem internationalen Frauentag gedacht?
    In den Breitengraden, in denen ihr gerade unterwegs seid, hat dieser Tag bestimmt mehr offensichtliche Berechtigung als im ach so zivilisierten Europa?!
    Beim Lesen eurer letzten Reiseberichte läuft einem ein kalter Schauer nach dem anderen über den Rücken. Und wenn man sich ein ganz klein wenig für die Geschichte des Grauens aus dem letzten Jahrtausend interessiert, dann sind Ankor Wat und Rote Qmer und Pot Pol selbstverständlich Begriffe mit denen man etwas anfangen kann.
    Hier stellt man sich tatsächlich die Frage, wie ein Mensch einem anderen Menschen solche Gräueltaten antun kann. Aber diese Frage kann man sich eigentlich auch in unseren Breitengraden jeden Tag wieder stellen.
    Angesichts des „Lebens“ (meine Finger wollen dieses Wort fast nicht schreiben), dass die Menschen dort unten fristen, kann man ja nur in Demut und Dankbarkeit verharren für all die Möglichkeiten die man als Europäer hat.
    Es tut gut, ab und zu daran erinnert zu werden. DANKE! 🙂

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