Vom Busch und dem lieben Vieh oder Wer braucht schon einen Zoo?

Es heißt, müssige Stunden sind ein idealer Nährboden für sinnierende Köpfe. Als Reisende sind wir schier prädestiniert für den Müssiggang, unternehmen gar mehrere Müssiggänge, fast schon Wanderungen durch das Kopfkino endloser Stunden on the road. Das Augenfutter ist überwältigend, und wie schade, dass Gedanken nicht einfach rausrattern wie dpa-Meldungen in jeder x-beliebigen Redaktion. Bis man den Kugelschreiber gefunden und Papier rausgekramt hat, ist der erste geistige Blitz auch schon vorbei. Erschwerend auch die Lokalisation. Nicht ganz einfach, etwas niederzuschreiben, wenn man gerade durch den Bush galoppiert. Nunja, wir sinnieren, fabulieren und wünschen. Angenommen beispielsweise, wir fänden Aladins Wunderlampe und dürften wählen, was wir mit nach Hause – mit Ausnahme der Erinnerungen -nehmen könnten. Wofür würden wir uns entscheiden? Die tropischen Nächte, die einengende Socken, Schuhe und Pullover vollkommen überflüssig machen? Ein Leben ohne die Kälte und der damit zusammenhängenden Anstaltskleidung? Oder diese Vorgärten australischer Häuser, die sich so wunderbar machen würden in unserer zukünftigen Villa am Meer? Man würde die Einfahrt betreten, riesige grüne Blätter begrüssen, den Hals recken nach zigtausenden verschiedenen Palmenarten, den Hybiskus riechen, die Jacarandas bewundern, dem Bambus zulächeln und eine Kokusnuss auf den Weg in die Küche aufsammeln… Oder wäre es das Gefühl, nicht allein zu sein als menschlicher Hanswurst in der unteren Etage? Dass es überall wimmelt von gefiedertem Leben und pelzigen Kollegen und man sich fragt, wer hier eigentlich von wem geduldet wird. Manch einem ist es lästig und scheucht weg, wir aber grinsen und freuen uns, dass wir National Geographic auch ohne Fernsehgebühren einschalten können. Wo auch immer wir treten, wandern oder schlicht rumsitzen, sie sind schon da. Immer da gewesen. Jene, die keine Scheu empfinden, weil sie vermutlich aus Bequemlichkeit den Lebensraum mit uns Menschen teilen. Möwen, Spatzen, Krähen, Kakadoos, Sittiche, Papageien, Enten mit langen, kurzen oder krummen Hals. Truthähne, Reiher und Drachenechsen. Aber auch ein Opossum kann Gefallen daran finden, sich auf einem Campingplatz (man denke an die Pinguine in Neuseeland) niederzulassen. Seit Tagen kriegen wir nachts Besuch. Wir sitzen auf unseren Regiestühlen und legen das Buch zur Seite. Als ob man den Fernseher anstellen würde, nur eben ohne Fernseher. Fast immer stolziert ein langhalsiges Federvieh vorbei.Schaut etwas pikiert, vermutlich sitzen wir auf seinem Lieblingsplatz. Vielleich geht ihm auch einfach nur der Terz auf die Nerven, den die ollen Kanarienvögel da oben verbreiten. Nachts, wenn wir schon in der Kiste liegen, können wir tatsächlich hören, wie seine großen Schwingen die Luft teilen und er sich auf Wanderschaft begibt. Und wir denken an das Opossum, dass an uns vorbeiwuselte, als ob es uns nicht gäbe, gar einmal schon beide Vorderläufe auf Dörtis Stuhl hatte, um vielleicht die Futtersituation da oben zu checken und dann paar Meter entfernt von uns gemütlich Beeren futterte… Und wir Hoschis sind so taub und naturentwöhnt, dass wir manchmal erst durch den alarmierten Reiher oder dem Gezeter der Papagein darauf aufmerksam werden, dass das Opossum wieder auf Derby ist. Die Fotos sprechen Bände. Und auch wenn wir dafür keinen Pulitzerpreise gewinnen, so mussten wir wenigstens nicht tagelang im Schlamm hocken, um den richtigen Moment zu erwischen. Wir mussten uns für diese Schnappschüsse nicht durch den australischen Busch schlagen. Das ist einfach passiert. Nebenbei. Wer braucht schon einen Zoo?

Selbst die Dingos haben sich uns vor die Füsse geworfen. Von den vielen Kängurus am Strassenrand ganz zu schweigen. Und wir haben auch noch nie was von einem Kasuare gehört. Der ist dem Emu ganz ähnlich. Sie alle gehören eher in die Wildniss-Abteilung unserer Australien-Videothek. Wie auch die beiden Echsen, die wir kürzlich in Shute Harbour bei Airlie Beach sahen, auf dem Weg durch ein kleines Waldstück zum Corral Beach. Keine Minute, nachdem wir den Parkplatz verlassen haben, flieht die erste Eidechse vor uns Trampeltieren. Während wir noch über jenes Exemplar debattieren, nimmt wenig später eine Echse in Übergroeße vor uns reiss aus. Nach einiger Recherche wissen wir, dass wir einen Grosswaran gesehen haben. 500 Meter, nachdem wir den ollen Parkplatz verlassen haben…. Indiana Jones wäre neidisch.
Später lagen wir dann am Krokodilstrand, dass wussten wir bloss nicht. Auch gut so, sonst hätten wir dort auch nicht gelegen. Wir zierten uns schon, ins Meer zu gehen, weil überall hier oben Stingray und Jelly Fishes Alarm herrscht. Was nützt das Meer nur im Gedanken? Man kann nicht baden, zumindest nicht ohne son ollen Anzug. Da hört dann auch unser Ode an das liebe Vieh auf. Piepmätze, gerne, aber sowas… Man verzeihe uns unser elitäres Gehabe. Aber unangenehm, diese Klaue, die wir im Nacken spühren, wenn wir durch den Busch latschen. Schlangen im Wald, Sting Rays im Wasser, Krokodile am Strand. Wer hat die eigentlich an der Evolution teilhaben lassen? Hoch soll er leben, der harmlose Spatz!
Airlie Beach Opossum OpossumbesuchPapagei EchseGrosswaran Airlie Beach - Campingplatzbesucher :-)Krokodile am Strand - gut das wir das Schild erst am Ende gesehen haben :-)Kasuare - Gefahr für die Autos...